9. Januar 2009

Suche in Referenzwerken

Die Suche nach Informationen zum Thema der Enquêten gestaltete sich in den Lesesälen der Fachbereichsbibliothek Geschichtswissen-schaften als äußerst sinnvoll und interessant. Allerdings fand ich weniger Material in den Referenzwerken zur Neuzeit – in der Enzyklopädie der Neuzeit findet sich beispielsweise leider kein Eintrag zu „Enquêten“ – als schließlich in den Werken zum Mittelalter. Besonders nützlich erschienen mir die Bände des Lexikons des Mittelalters (LexMA).

Auf der Suche nach dem Eintrag zu „Enquêten“ gewann ich im dritten Band für mich letztlich gänzlich neue Informationen. Es gab zwar keine Beschreibung des Begriffs „Enquêten“, dafür aber den Eintrag enquêteurs-réformateurs (= auch réformateurs généraux oder commisaires-réformateurs), eine Bezeichnung für französische Kronbeamte. Diese wurden in Frankreich von Ludwig IX. nach Erlass der Großen Ordonnance 1254 – einer Art Verwaltungsreform – als spezielle Beamte eingesetzt, die die Klagen (querimoniae) der Bevölkerung gegen königliche Amtsträger anzuhören hatten. Noch ein Jahrhundert später setzten die états généraux die Bestellung von réformateurs généraux durch, die ohne die Zustimmung des Königs über königliche Beamte richten konnten.
Nach 1360 jedoch verfügte der König selbst über die Kontrollfunktion der réformateurs généraux – diese führten Enquêten über Finanzagenten, Münzer oder Gruppen wie die bailliages (= Bailli) und sénéchaussées (= Seneschall) durch. Die réformateurs généraux hatten die volle Richter- und Strafgewalt des Königtums inne und konnten etwa über Geldbußen, Verbannungen oder Konfiskationen ohne Berufung entscheiden. Diese Entwicklung führte zu Protesten der Untertanen. Während der Aufstände 1378-83 dienten die commisaires-réformateurs als Werkzeuge der Repression, im 15. Jahrhundert waren enquêteurs-réformateurs Instrumente politischer Säuberungsaktionen und der königlichen Fiskalgewalt. Unter Ludwig XI. und Karl VIII. forderten die états vergeblich die Abschaffung der enquêteurs-réformateurs (Quelle: LexMA, Bd. III).

Die Literatur zu dem Eintrag von Françoise Autrand (Paris) kann durchaus als hilfreich eingestuft werden, auch wenn die Titel allesamt in französischer Sprache geschrieben sind. In Werken von Gustave Dupont-Ferrier, Jean Glénisson, Maurice Rey oder Louis Carolus-Barré findet man offenbar nützliche Informationen zu den enquêteurs-réformateurs und damit auch zum Thema Enquêten.

Ein weiterer Ansatz findet sich bei Karl dem Großen und seinen Kapitularien. Das sind der Verwaltung dienende, in Kapitel gegliederte Erlasse der fränkischen Könige. Besonders wichtig erscheinen in diesem Zusammenhang die programmatischen Kapitularien Karls des Großen von 789, auch als Admonitio generalis bezeichnet. Der Eintrag im ersten Band des Lexikons des Mittelalters verrät folgendes: Die Admonitio generalis ist ein 82 Kapitel umfassendes Send- und Mahnschreiben des Königs, das 789 nach ausdrücklich erwähnten Beratungen mit Bischöfen und königlichen Räten erlassen wurde (Quelle: LexMA, Bd. I). Auch hierzu gibt es möglicherweise nützliche Literatur von Sigurd Abel/Bernhard Simson, Louis Halphen oder François Louis Ganshof.

Zusammenfassend lässt sich also durchaus behaupten, dass die Suche in den Referenzwerken, besonders im Lexikon des Mittelalters, ertragreich war. Meine Erkenntnis aus dieser Übung ist jedenfalls, dass der Begriff Enquêten im Mittelalter ein völlig anderer sein kann als in meinem bisherigen Verständnis.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen